Nachdem wir nun Führerschein und Auto haben, ging es im April auf einen Ausflug zum nahegelegenen Tai Hu. Hu heißt See. Also zum Tai See. Er liegt eine gute Autostunde von Suzhou entfernt und ist mit über 2000km² etwa viermal so groß wie der Bodensee…
Interessanterweise ist er im Mittel nur 2m tief.
Man kan über eine lange Brücke auf zwei Inseln fahren, auf denen unter anderem eine berühmte Teesorte angebaut wird (Wikipedia). Wir besichtigten zunächst eine Höhle, die erstaunlich groß und erstaunlich bunt beleuchtet war. Danach ging es auf den höchsten Berg der Insel, auf dem wir mittels Google Earth eine Straße ausgemacht hatten. Und tatsächlich konnten wir – ob erlaubt oder nicht, danach fragt hier keiner – bis oben fahren, wo wir auf einem Joch ein hübsches Plätzchen mit Aussicht auf den See nach Ost und West hatten.
Hier stellten wir unser Zelt auf und probierten die schwierig zu beschaffende Gaskartusche am Kocher aus.
Nachdem die letzten Bauarbeiter, die ein paar Ecken weiter eine Pagode renovierten, auch Feierabend hatten, waren wir hier oben ganz alleine und schliefen unsere erste Nacht im Zelt in China.
Leider war sie etwas hart für mich, da ich noch keine Isomatte besitze. Und Lasse arbeitete sich in der Nacht einmal quer durch das Zelt…
Archiv für den Monat: Mai 2015
Kindergarten Update
Lasse ist immer noch sehr zufrieden mit seinem Kindergarten (wir auch) und genießt die vielen Spielmöglichkeiten mehr als den eigentlichen Unterricht… (Was für uns aber auch nicht so wichtig ist, wie für die Chinesen).
Abgesehen davon, dass wir regelmäßig im Kindergarten-Schwimmbad planschen, werden natürlich auch noch weitere Events organisiert. Eine Woche lang sollten Eltern verschiedener Nationen ihre Heimat vorstellen, vorletzte Woche ist der gesamte Kindergarten zum Shangfangshan, ein größerer Park mit kleinem Zoo (Affen, Lamas, Pfaue) gefahren und Anfang April gab es auch ein Sportfest für die Kinder.
Die Ideen sind alle sehr sehr gut, leider stören mich meistens die vielen Leute bei den ganzen Events, so dass einfach das „Programm“ heruntergespult wird, ohne dass man wirklich auf die Kinder eingehen kann. Beim Sportfest (Eltern mussten anwesend sein) haben 6 Klassen à 15 Kinder gleichzeitig bestimmte Spiele gemacht (und das war schon die Aufteilung; 6 weitere Klassen haben an einem anderen Ort „gesportelt“) – leider stand man sich dabei mehr im Weg herum und musste schauen nicht irgendwelche Kinder umzurennen. Auch die Vergabe der Medaillen – grundsätzlich eine tolle Idee – jedoch hat der Klassenlehrer einfach im Trubel der vielen Leute schnell jedem seiner Kinder eine umgehängt und fertig…
Der Ausflug zum nahegelegenen Shangfangshan Park begann auch mit dem „Pflichtprogramm“ – Eltern und Kinder sollen bestimmte Spiele machen, bei denen Lasse und die meisten der anderen Kinder nicht gerade „bei der Sache waren“. Aber anschließend konnten wir durch den Park spazieren und haben uns fast ausschließlich bei den Affen aufgehalten und diese beobachtet.
Außerdem gab der Kindergarten den Eltern die Möglichkeit im Rahmen einer „Open Class“ sich an einem Vormittag drei Unterichtseinheiten (English, Chinesisch und Sport) anzuschauen.Einige Impressionen von Lasses Kindergartenleben:
Ich finde es auch klasse, dass wir monatlich mit Fotos, der aktuellen Kindergarten Musik und den fertig gelesenen Büchern versorgt werden. Lasse liebt es zu Hause zur Musik zu tanzen bzw. die Morning Exercise zu praktizieren (die im Kindergarten jeden morgen vor Unterrichtsbeginn abgehalten wird).
Am 01.06 ist ja bekanntlich Weltkindertag 🙂 an dem die Eltern für ihre Kinder etwas vorführen müssen. Ich bin ja nicht so begeistert von diesen ganzen Tanz-Performances, werde mich aber wohl in mein Schicksal ergeben. Zum Glück gibt es da einige sehr engagierte Chinesinnen, die bereits Musik (I like the flowers) und „Tanzschritte“ ausgewählt haben.
Traditionelle Chinesische Medizin
Da es sich mit dem „Job-finden“ und der „Arbeitsgenehmigung erhalten“ als ein wenig schwieriger herausstellt, als erwartet, bin ich derzeit an einer chinesischen Schule um drei Monate lang die Grundlagen der traditionellen chinesische Medizin zu studieren.
Da die Schule „Downtown“ ist fahre ich mit dem Rennrad oder dem E-Bike 12km vom entspannten und neuem SIP (Suzhou Industrial Park, dort wo wir wohnen) in den Trubel und das Gedränge der Altstadt, was auch durchaus den Vorstellungen von einem klassischen China-Town entspricht. Je näher ich der Schule komme, desto mehr muss ich hupen, damit mir die Leute nicht vors Rad springen oder andere Fahrräder ohne zu gucken mir in die Seite fahren. Die ein oder andere Macke hat das E-Bike dabei schon abbekommen. Am Rennrad habe ich nun ersteinmal eine richtige Hupe installiert – mit einer einfachen Klingel kommt man nicht weiter…
Die Schule ist einfach, was hier ganz normal ist – im Winter ist es eiskalt im Sommer überheiß, trotz Klimaanlage. Die Toiletten sind – sagen wir mal so – sehr „chinesisch“ – kein Ort um sich auch nur länger als nötig aufzuhalten. Auf einfachen Holzstühlen und Tischen sitzen wir (drei Ausländer und ca. 12 Chinesen) und hören uns vormittags die Theorie an während wir anschließend uns gegenseitig massieren und die Akkupunkturpunkte suchen. Schröpfen konnten wir auch bereits üben, nächste Woche geht’s mit Moxa weiter.
Da die Lehrer ausschließlich auf chinesisch unterrichten haben wir auch einen Dolmetscher, denn ich verstehe – je nach Lehrer – maximal 20%. Der Ablauf ist auch sehr „chinesisch“ – es gibt keinen festen Stundenplan und eigentlich weiß keiner so recht, was in der nächsten Woche dran ist, so dass man sich nicht wirklich vorbereiten kann. Auch erfährt man meist nur einen Tag vorher, wenn am nächsten Tag ein Test stattfindet. Die Schülerzahl variiert auch sehr stark – einige Schüler haben nächsten Sonntag eine Abschlussprüfung und werden dann als „TCM-Masseure“ arbeiten, genauso kommen jede Woche neue Schüler hinzu. Ich habe mich nämlich am Anfang gewundert, warum wir nicht mit den Grundlagen (Yin und Yang oder der 5-Elemente-Theorie anfangen, sondern direkt den Meridianverlauf mit Akkupunkturpunkten lernen…) – anscheinend sind wir auch „mittendrin“ eingestiegen. Auch ist es nicht üblich Fragen zu stellen – wir dummen Ausländer fragen ja durchaus mal warum man vormittags so massieren soll und nachmittags anders… Das entfacht dann meistens wilde Diskussionen unter den Chinesen mit dem Resultat, dass es keine Antwort gibt. Überhaupt ist das Ganze schon sehr vage… Vor drei Wochen in etwa hat ein chinesischer Kommilitone eine Frage gestellt und entfachte eine heftige Diskussion mit dem Lehrer (habe leider nicht wirklich viel verstanden) – auf jeden Fall hat der recht junge Lehrer mitten in der Stunde wutentbrannt seine Bücher geschnappt und ist gegangen und seit dem auch nicht mehr aufgetaucht…
…kurzer Nachtrag zu „andere Länder, andere Sitten“: für einen älteren Herrn, der ebenfalls als Schüler in unserer Klasse ist, ist es normal im Unterricht zu rauchen oder auch zwischendurch auf den Fußboden zu spucken…